Glückspunkt: Ein besonderes Spiel

Handball bei commov.deEs gibt Momente im Leben, die man wohl nie vergisst! Als Sportler hat man diese Momente immer wieder, wenn man seine persönlichen Ziele erreicht und „kleine und große“ Meisterschaften feiern darf. Ich durfte in meiner sportlichen Laufbahn viele schöne Erfolge feiern, jedoch im Rückblick waren es die kleinen Momente, die mich immer wieder motiviert haben.

2007 hatte ich dann aus „körperlichen Gründen“ beschlossen, aufzuhören und auf die Trainerseite als Co-Trainer einer Handball-Bayernliga-Mannschaft zu wechseln. Damals gab es kein offizielles Abschiedsspiel, jedoch für mich die Erkenntnis, dass das damalige Pokalspiel für mich der letzte Einsatz als Torwart war.

Danach war der Wunsch wieder ins Tor zu gehen nie wirklich groß, denn ich verband dies sofort mit körperlicher Anstrengung und vor allem mit Schmerzen. Durch den unglücklichen Ausfall unserer beiden Torhüterinnen, bedingt durch Verletzung und Krankheit, stand ich plötzlich vor der Situation, mich wieder ins Tor stellen zu müssen, um zumindest für ein paar Spiele auszuhelfen.

Die Anfangszeit war geprägt durch dauernden Muskelkater und der Erkenntnis, das Handball verdammt schnell und „hart“ geworden ist. Mein erstes Spiel vor Weihnachten nach zwei Jahren Pause war für mich zu einer mentalen Herausforderung geworden. Frei nach dem Motto: „Was kann ich für mich – als Sport Mental Coach – umsetzen und anwenden?“ Vieles und noch mehr!

Aus einem Spiel sind mehrere geworden, insbesondere die letzten drei Spiele haben mir meine Grenzen, jedoch auch vor allem meine Möglichkeiten aufgezeigt … Und eine Besonderheit kommt noch hinzu, als Torwart hat man immer einen besseren Blick auf die Gesamtsituation (Gegner, Spieler, Ersatzbank, Zuschauer), inkl. Zeit darüber nachzudenken, wenn die eigene Mannschaft im Angriff ist!

Wieso tue ich mir das an?!

Im Spiel gegen Waltenhofen/Kottern kämpfte ich mit meiner Kondition und der Erkenntnis, dass ich keine 60min durchhalte. Dadurch gingen meine Grübelspiralen auf die Reise, die ich niederkämpfen musste, um im Spiel zu bleiben. Nach dem Spiel machten sich dann gnadenlos meine Schmerzen auf sich aufmerksam und die Frage, „Wieso tue ich mir das überhaupt noch an, besonders wenn man noch verliert!“

Beim nächsten Spiel gegen Etwashausen war ich, bedingt durch eine Erkältung, bereits angeschlagen und setzte mich – ungewollt durch die Einnahme eines Schmerzmittels – fast selbst außer Gefecht. Denn ich war die erste Halbzeit nur damit beschäftigt, mir nicht anmerken zu lassen, das ich jeden Moment aus meinen Turnschuhen kippen könnte, weil ich das Schmerzmittel nicht vertragen hatte.

Da hilft es ungemein, wenn man sich auf eine Sache fokussieren und den Rest ausblenden kann. In der zweiten Halbzeit ging es mir dann körperlich so schlecht, dass ich keine Bälle mehr hielt und nur noch damit beschäftigt war dem Druck des knappen Spielstandes Stand zu halten.

Denn leider hatten wir keinen zweiten Torwart zum Auswechseln dabei. Nach dem Spiel saß ich dann wie ein Häufchen Elend auf der Bank, war fertig mit der Welt und in diesem Moment war klar, das es für mich keine Fortsetzung geben wird.

Und dies bedeutete, dass das letzte Spiel gegen Sulzbach am 08.05.2010 meine letzten 60min als Torwart sein werden. Mit dieser Erkenntnis, dass meine sportliche Laufbahn an diesem Tag zu Ende geht, ist mir eine Last von den Schulter gefallen.

Endlich habe ich für mich, für mein Unterbewusstsein, eine Entscheidung getroffen! Der Kampf, die Zweifel, das Hadern in meinem Alter nicht mehr gut genug zu sein, war somit zu Ende und ich konnte mich völlig unaufgeregt meinem letzten Spiel widmen.

Ich fuhr wie immer meinen Weg nach Winkelhaid, ließ meine Lieblingsmusik lautstark im Auto laufen und kam entspannt, jedoch konzentriert in der Halle an. Die Stimmung in der Mannschaft war locker und gelöst, jedoch hatte man für dieses Spiel eine klare Zielvorgabe: Einen Sieg, um sich mit dem sechsten Platz nach einer schwierigen Saison zu belohnen.

Und dann nochmals für mich das komplette Programm … Meine Nervosität mit wingwave-Musik zu neutralisieren, Körperspannung aufzubauen, meine Fokussierung auf das Spiel und natürlich die taktischen Anweisungen des Trainers anzunehmen. Alles zum letzten Mal als Torwart!

Danke Tom und die Wertschätzung

Und dann gibt es diese besonderen Momente, die du als Sportler, dein ganzes Leben lang nicht vergisst! Als diesen besonderen Moment wird mir die Ansprache unseres Trainers vor dem Spiel ein lebenlang in Erinnerung bleiben. Worte der Motivation und vor allem der Wertschätzung, die mich tief berührt habe. DANKE Tom!

Dann noch mal das komplette Programm im Spiel. Die ersten 10min dachte ich, „Verdammt, ich muss irgendwie in das Spiel kommen!“ Die nächsten 10min, „Geht doch!“  Ab der 20min dachte ich mir dann: „Coool, jetzt kannst du das Spiel genießen und Spaß haben!“

Endlich Haken setzen

Nach der Halbzeit, dann das gleiche noch mal, mit Emotionen, gehaltenen 7m, Kopftreffer, tollen Paraden und der Erkenntnis, mit dieser tollen Mannschaftsleistung und meiner eigenen Leistung, kann ich zufrieden einen Schlussstrich hinter einer für mich erfolgreichen sportlichen Laufbahn ziehen. Ich kann Frieden schließen und einen Haken setzen!

Jedoch auch die Erkenntnis, dass diese Saison für meine Tätigkeit als Sport Mental Trainer unglaublich lehrreich gewesen ist. Ich durfte mich selber nochmals mit allen Widrigkeiten des Sportlers-Daseins auseinandersetzen, sei es Grübelspiralen, auf dem Punkt konzentriert sein, Fokussierung auf ein Ziel, Schmerzen ausblenden oder der Körpersprache, und und und …

Und?! Sport Mental Training funktioniert! Ich habe es mir selbst bewiesen und wenn ich es mal kurz vergessen hatte. Bin ich gnadenlos von meinen Mitspielerinnen daran erinnert worden!

Nochmals ein DICKES DANKESCHÖN an die I. Damen Mannschaft des TSV Winkelhaid und unserem Trainer Tom Hankel, dass ich diese schönen und lehrreichen Momente mit Euch gemeinsam erleben durfte …

„Mädels, jetzt seid IHR dran!“

Artikel aus der Zeitung Der Bote
vom 08.05. 2010 mit dem Titel „Platz sechs in der Endabrechnung“