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Der einarmige Bandit

Bild commov.de * Artikel einarmiger BanditManche Tage gibt’s nicht, oder vielleicht doch? Vielleicht sind es gerade diese Tage, die einen aus seiner eigenen Bequemlichkeit herausholen und wo man lernt über seinen eigenen Horizont hinauszudenken …

Völlig unbedarft und entspannt saß ich in meinem Lieblings-Café, wollte meinen Cappuccino schlürfen und dachte ausnahmsweise einmal an nichts. Plötzlich sprach mich die Bedienung von links an und fragte mich aus heiterem Himmel. „Duuuu Sabine (schon allein die Ansprache versprach nix gutes …), du bist doch erfahren und kennst dich im Leben aus!“

Etwas irritiert und doch neugierig wartete ich nun welche Frage kommen würde?
„Könntest du dir vorstellen mit einem Einarmigen eine Beziehung zu führen?“
Nun, wenn ich ehrlich bin, diese Frage habe ich nun wirklich nicht erwartet, zumindest weniger in diesem Umfeld. Und dennoch musste ich schmunzeln und beantwortete die Frage mit einem einfachen „JA“.

Dies wiederum war die Grundlage für eine spannende Diskussion, wieso, weshalb, warum wir uns so schwer tun mit „sogenannten Behinderungen“ offen umzugehen. Sicherlich fällt einem die Entscheidung im reiferen Alter möglicherweise einfacher, da man sich (hoffentlich) eher auf die inneren Werte eines Menschen konzentrieren sollte.

Und doch beschäftigte mich diese Frage … Gerade weil ich einen einarmigen Sportler in meinem direkten Umfeld kenne und deshalb logischerweise keinerlei Probleme habe, entspannt damit umzugehen. Im Gegenteil das Handicap hat zuweilen für so manche Erheiterung im Verein gesorgt und man kann auch einarmig hervorragend Siebenmeter im Tor versenken.

Dieser einarmige Sportler gehört zum Verein und das seit der Jugend, keiner macht sich „offensichtlich“ darüber irgendwelche Gedanken. Soweit so gut in der Freizeit und im Sport, doch wie ist es in einer Beziehung? Inwieweit sind wir bereit über das Fehlen eines Gliedmaßen hinwegzusehen, um den Menschen – ohne Wenn und Aber – so zu nehmen wie er ist?

Unsere VOR-BILDER sind häufig gleich, genormt und vorgegeben, und spiegeln eine Perfektion vor, die es im Alltag selten gibt. Alles was wir NICHT gesehen, erlernt haben oder das wir positiv einordnen können, macht uns Angst oder fällt uns schwer damit umzugehen. Auch wenn diese Menschen uns nichts tun!

Noch schwieriger wird es in einer Beziehung, wenn man sein eigenes normales Vor-Bild überwinden und sich dafür noch gegenüber anderen rechtfertigen muss. Wenn man selber zwei Arme und Füße hat, mag das leichter sein, aber als Betroffener braucht man schon ein verdammt dickes Fell, um so manchen blöden Spruch zu verdauen.

Nicht selten werden deshalb sogenannte Mängel durch übertriebene „Schauspielerei und Aktionismus“ kaschiert. Das wiederum hat so manches Mal einen hohen Unterhaltungswert, doch ist meistens wenig beziehungsförderlich. Wer will schon auf Dauer einen „Kasper“ neben sich?!

Blöder Teufelskreis! Und alles nur, weil wir Menschen es uns gemütlich in unserer Denk-Bequemlichkeit machen. Wie viele Missverständnisse, Konfrontationen und möglicherweise ja sogar Kriege könnten wir uns ersparen, wenn wir unser Denk-Bild täglich reseten und uns einfach einmal von etwas neuem, anderen überraschen lassen?!

Wir werden sicherlich auch dabei schlechte Erfahrungen machen, aber das ist immer noch besser, als andere Menschen für unseren eigenen begrenzten Horizont verantwortlich zu machen!

Open your mind!